Das Web-Quartierradio wurde von einem Autodidakten gegründet wurde, der es in seiner Freizeit betreibt. Ein Projekt, das auf Papier auf den ersten Blick nicht besonders aufregend klingt. Trotzdem sollte man unbedingt in den Neuenburger Radiosender von Nicolas Meyer, der sich an die Nachbarschaft im weiteren Sinne – und somit auch an die benachbarten Gemeinden und Kantone – richtet, reinhören.
Die Zuhörerinnen und Zuhörer erwartet eine grosse Auswahl an tollen Formaten, die Schweizer Künstlerinnen und Künstler präsentieren. Das Publikum kann Live-Sendungen verfolgen, die von einem Tretboot oder aus einem Bus gesendet werden. Die Fussballspiele der Junioren des FC Hauterive stehen als Replays zur Verfügung.
Und schliesslich gibt es ein originelles Musikprogramm, bei dem wenig bekannte Musikerinnen und Musiker aus der Deutschschweiz und der Westschweiz mit grossem Talent im Vordergrund stehen. All das präsentiert von einer angenehmen, ruhigen Radiostimme und mit Jingles wie auf professionellen Sendern.
Die Preisträgerinnen und Preisträger der Nachbarschaftsinitiative
Im Rahmen der Nachbarschaftsinitiative wurden bei einer öffentlichen, vom Migros-Kulturprozent organisieren Abstimmung zehn Projekte ausgewählt, die mit einem Betrag von bis zu 50 000 Franken gefördert werden.
Dazu gehören auch Radio Rocher, zur Bühne umfunktionierte Balkone in La Chaux-de-Fonds (NE) und ein Multimedia-Workshop in Vernier (GE).
Ein Radio-Versuchslabor
«Ich bin bloss ein Autodidakt», erzählt Nicolas Meyer, der Gründer von Radio Rocher, das nach dem Namen der Strasse, in der er wohnt, benannt wurde. Während der Pandemie hatte er eines der Zimmer in seiner Wohnung in ein kleines Studio umgewandelt.
«Die Idee war, einen Radiosender im Gebäude für meine Nachbarn zu starten, um Playlists auszutauschen. Nach und nach habe ich Gefallen daran gefunden und das Audio-Universum entdeckt», erklärt der auf einer 80%-Stelle bei der RTS tätige Kameramann und Videofilmer.
«Beim Erzählen im Radio haben mir meine Kenntnisse im Bereich der visuellen Montage und der Post-Produktion meiner Sendungen sehr geholfen», erklärt der Vierzigjährige. Für den Rest hat er viel gebastelt, ausprobiert und war selbst sein grösster Kritiker, um besser zu werden.
«Was die Genehmigungen angeht ist es einfach, ein Web-Radio zu gründen», erklärt Nicolas Meyer weiter. Da ich nicht auf DAB sende, brauche ich keine Lizenz. Man muss sich nur bei der SUISA registrieren, um die Regeln für die Urheberrechte einzuhalten.»

Nicolas Meyer glaubt, dass alle Menschen etwas Interessantes zu erzählen haben.
Heute wird Radio Rocher im Internet schweizweit ausgestrahlt, die Zahl der Zuhörerinnen und Zuhörer ist zwar klein, aber es gibt keine zeitlichen Beschränkungen und keinen Druck durch Werbetreibende. Ein echter Luxus, der es ermöglicht, das Medium als Versuchslabor zu nutzen und neue Sendungen zu starten. «Ich habe Lust, einen mobilen Radiosender zu entwickeln, um auf die Leute zuzugehen.»
Mit seiner neuen Sendung, die diesen Frühling Premiere feierte und im Rahmen der Nachbarschaftsinitiative vom Migros-Kulturprozent unterstützt wird, tut er genau das. «Salut Rocher» präsentiert alle zwei Monate Menschen, die dem Quartier über dem Neuenburger Bahnhof Leben einhauchen.
Sags mit einem Migros-Säckli
Der 26. Mai ist der Tag der Nachbarn. Eine gute Gelegenheit, sich bei den Nachbarinnen und Nachbarn dafür zu bedanken, dass sie die Blumen gegossen oder auf die Katzen aufgepasst haben. Vom 22. bis 26. Mai finden Sie an den Kassen der Migros-Filialen Säcke für die Heldinnen und Helden aus der Nachbarschaft, die Sie mit kleinen Geschenken füllen und beschriften können. Die nächste Mitmach-Initiative der Migros kommt bald.
Bei der Premiere erteilte Nicolas Meyer der Leiterin eines Zentrums für kulturelle Co-Kreation, einer Violinistin, die er eines Tages spiele hörte, als er auf dem Balkon sass, und einem Gärtner das Wort. «In der nächsten Sendung werde ich die Köchin des veganen Restaurants Eateco treffen. Auch meine Nachbarin, die aus der Bretagne kommt und Uhrmacherin ist, und ein Baumaler werden zu hören sein.
Es ist eine «Feel Good»-Sendung, in der der Moderator von Thema zu Thema wechselt und gleichzeitig auch ein paar praktische Tipps gibt. Beim Casting nimmt Nicolas Meyer eine breite Zielgruppe in den Blick: «Ich bin überzeugt, dass alle etwas Interessantes zu erzählen haben, auch wenn die Leute das Gegenteil glauben.
Diese Sendung zwingt mich, bei den Leuten an der Haustür zu klingeln. Das sollten wir im Übrigen alle tun, um Kontakte zu unseren Nachbarn zu knüpfen. Man neigt jedoch eher dazu, sich zurückzuziehen, weil man nicht stören möchten.»

Diese Sendung zwingt mich, bei den Leuten an der Haustür zu klingeln. Das sollten wir alle tun.
Nicolas Meyer Gründer von Radio Rocher
Zukunftsmusik
Mit den 15‘000 Franken, die er vom Migros-Kulturprozent erhalten hat, konnte Nicolas Meyer zwei Mikrophone kaufen. Ausserdem plant er Weiterbildungstage mit Profis, um den aufstrebenden Reporterinnen und Reportern, die ihn unterstützen werden, die technischen und journalistischen Grundlagen beizubringen.
«Ich freue mich riesig über diesen Preis, weil ich alles selbst auf die Beine gestellt habe. Es gibt keinen Verein, der mich unterstützt und mir den Rücken stärkt.» Eine zusätzliche Motivation für Nicolas Meyer, «on air» zu gehen. «Ich möchte live von den Slam-Abenden in einem Theater senden und Radiobeiträge an den Puls der Zeit anpassen und modernisieren. Radio Rocher wird daher noch lange von sich reden machen.
Letztes Jahr führte das Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) auf Anfrage des Migros-Kulturprozents eine grossangelegte Studie zur Nachbarschaft in der Schweiz durch. Überblick über die Ergebnisse:
30%
der Befragten vertrauen ihren Nachbarn.
30%
Drei von zehn Nachbarn laden sich gelegentlich zu einem Kaffee ein. In der Westschweiz und auf dem Land ist diese Zahl grösser.
48%
leeren den Briefkasten, wenn die Nachbarn nicht da sind.
5%
Nur eine von zwanzig Personen trifft sich regelmässig mit ihren Nachbarn bei organisierten Sitzungen.
62%
der Befragten verstehen sich mit fast allen Nachbarn. 13 % kennen die meisten Nachbarn gar nicht. Nur 1 % gibt an, zu fast allen Nachbarn ein eher schlechtes Verhältnis zu haben.
80%
Vier von fünf Nachbarn finden die aktuelle Häufigkeit der Treffen perfekt. Nur in den Städten wünschen sich die Menschen etwas mehr Kontakte.
26%
kümmern sich um die Haustiere ihrer Nachbarn, wenn diese nicht da sind.
48%
der Befragten giessen die Pflanzen ihrer Nachbarn, wenn diese nicht da sind.
50%
Die Hälfte der Befragten trifft ihre Nachbarn vor der Eingangstür, an den Briefkästen oder im Treppenhaus. Circa ein Drittel unterhält sich gerne ein bisschen.
67%
Zwei Drittel der Befragten leihen ihren Nachbarn bereitwillig Dinge aus.
31%
Nur ein Drittel hat einen Ersatzschlüssel für die Nachbarn.
12%
der Eltern kümmern sich auch um die Kinder der Nachbarn.
Fotos: Matthieu Spohn
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