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So viel Vielfalt lebt die Schweiz

Text

Jörg Marquardt

Erschienen

28.08.2024

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Was halten Alte von Jungen, Arme von Reichen, Land- von Stadtbewohnern – und umgekehrt? Eine Studie im Auftrag des Migros-Kulturprozents fühlt der Schweiz den Puls.

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Sind Unterschiede ein Gewinn oder nicht?

Für die meisten Befragten ist Vielfalt etwas Positives: 70 Prozent meinen, dass vielfältige Perspektiven und Lebenserfahrungen bessere Entscheidungen ermöglichen. 5 Prozent lehnen diese Aussage ab, der Rest ist geteilter Meinung. Bei allen Unterschieden nehmen 63 Prozent der Befragten sehr viele Gemeinsamkeiten zwischen den meisten Menschen wahr. 8 Prozent teilen diese Einschätzung nicht. 

Gehört Vielfalt zur DNA der Schweiz?

«Für mich ist Vielfalt das, was die Schweiz ausmacht» – diese Aussage wird von der Hälfte der Befragten geteilt. 32 Prozent stimmen teilweise zu, 16 Prozent lehnen die Aussage ab. Rückblickend empfinden 52 Prozent die Zunahme an Vielfalt in den letzten Jahrzehnten als positiv. Noch mehr Vielfalt für die Schweiz wünschen sich aber nur 35 Prozent der Befragten – 27 Prozent sind dagegen.

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Politisch Rechtsstehende sind skeptischer

Wer politisch rechts steht, ist tendenziell kritischer gegenüber Vielfalt eingestellt als Personen im linken Spektrum: Nur 35 Prozent der SVP-Wählerinnen und -Wähler halten Vielfalt für ein Wesensmerkmal der Schweiz. Bei Sympathisanten von SP und Grünen haben 66 Prozent diese Meinung.

Macht zu viel Vielfalt Angst?

Zuwanderung oder neue Formen der Geschlechtsidentität machen die Gesellschaft vielfältiger. Aber: Zu grosse Unterschiede zwischen den Menschen gefährdeten den Zusammenhalt, findet ein Viertel der Befragten. Knapp ein Drittel stimmt dem zumindest teilweise zu. Vorbehalte gegen «zu viel Vielfalt» zeigen sich auch in einer anderen Aussage: 44 Prozent finden, dass Minderheiten zu viel Aufmerksamkeit bekämen – erst einmal solle man sich um das Wohlbefinden der Mehrheit kümmern. Auch hier stimmt dem ein Drittel der Befragten teilweise zu.

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Werden Minderheiten in der Schweiz benachteiligt?

42 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, 31 Prozent sehen zumindest eine teilweise Diskriminierung. Rund ein Viertel teilt diese Einschätzung nicht. Immerhin: Das Streben nach mehr Sichtbarkeit und rechtlicher Anerkennung befürwortet die Hälfte der Befragten – nur 14 Prozent lehnen dies ab.

Quoten? Lieber nicht!

Quoten für Frauen und Minderheiten halten nur 36 Prozent der Befragten für ein legitimes Mittel, um Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken. Noch niedriger (28 Prozent) ist der Zuspruch bei der politischen Beteiligung von Menschen ohne Schweizer Pass auf Gemeindeebene. Diese Forderung wird von 45 Prozent der Befragten abgelehnt.

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Welche Nachbarn hättest du am liebsten?

Nebenan zieht jemand Neues ein. Wie offen er oder sie empfangen wird, hängt auch mit der Zugehörigkeit zu einer Gruppe zusammen. Im Gedankenexperiment landen Personen vom Land auf Platz 1 der Beliebtheitsskala: 34 Prozent der Befragten haben ihnen gegenüber positive Gefühle. Dahinter folgen Tessinerinnen und Tessiner (33 Prozent) und Personen mit hoher Bildung (29 Prozent). Negative Gefühle bringt ein Drittel der Befragten den Sympathisanten der SVP entgegen, dicht gefolgt von Personen mit Asylstatus (32 Prozent) und Angehörigen muslimischen Glaubens (29 Prozent). Die grosse Mehrheit der Befragten ist aber gegenüber allen abgefragten Gruppen neutral eingestellt.

Politische Einstellungen sind ein Spaltpilz

Kein Merkmal entzweit die Menschen mehr als politische Haltungen. Wer der SP oder den Grünen nahesteht, hegt mehrheitlich negative oder eher negative Gefühle gegenüber potenziellen rechten Nachbarinnen und Nachbarn (64 Prozent). Umgekehrt haben Befragte aus dem rechten Lager etwas weniger Ressentiments gegenüber potenziellen linken Personen (49 Prozent). Eine stärkere Lagerbildung gibt es auch zwischen Arm und Reich: Auf beiden Seiten liegt die Abneigung bei 20 Prozent.

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Junge sind kritischer gegenüber einzelnen Gruppen

Junge Menschen haben mehr negative Gefühle gegenüber einzelnen Gruppen als ältere Befragte. Dies betrifft auch Themen, bei denen man eine grössere Offenheit von ihnen erwarten würde, zum Beispiel Transgeschlechtlichkeit, Veganismus oder Homosexualität. Junge sind hier überraschenderweise stark polarisiert. Bei Fragen rund um Sexualität und Geschlechtsidentität ist fast ein Viertel der religiösen Befragten negativ eingestellt.

Zwischen den verschiedenen Gruppen gibt es wenig Kontakt

Die Schweiz zerfällt zwar nicht in Lager, aber die Menschen bleibt oft unter ihresgleichen. Am wenigsten Kontakt gibt es zwischen Armen und Reichen: Fast zwei Drittel kennt niemanden oder nur wenige aus der anderen Gruppe. Ähnlich gross ist der Graben zwischen hochgebildeten und weniger gebildeten Menschen. Etwa die Hälfte der Linken und Rechten kennt niemanden oder nur wenige aus dem «anderen Lager». Als Hauptgrund für den geringen Kontakt werden fehlende Begegnungsmöglichkeiten genannt.

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Grosse Kluft zwischen den Sprachregionen

Drei Viertel der Deutschschweizer haben keinen oder kaum Kontakt mit Menschen aus der französischen oder italienischen Schweiz. Umgekehrt kennen die Romands und Tessiner etwas mehr Menschen aus den anderen Sprachregionen.

Wie andere Menschen unsere Haltung verändern

Wer einen Menschen aus einer anderen sozialen Gruppe kennt, denkt tendenziell positiver von dieser Gruppe. So haben Nicht-Veganer nur halb so oft negative Gefühle gegenüber Veganern und mehr als doppelt so häufig positive Gefühle, wenn sie selbst Veganer zu ihrem Bekanntenkreis zählen. Dieser Effekt lässt sich auch zwischen Angehörigen anderer Gruppen beobachten.

Wo wir uns am häufigsten begegnen

Durch Freunde lernen wir am häufigsten Angehörige anderer Gruppen kennen. Dies gilt zum Beispiel für Menschen aus der Stadt und vom Land, Arme und Reiche oder gebildete und weniger gebildete Personen. Zwischen Gruppen, unter denen grössere Ressentiments herrschen, sind der Arbeitsplatz und die Nachbarschaft die häufigsten Orte der Begegnung. Hier finden teilweise mehr Kontakte zwischen Schweizern und Migranten statt als im Freundeskreis oder in Vereinen.

Die Studie

Fast 3500 Personen zwischen 16 und 80 Jahren aus der ganzen Schweiz hat das Gottlieb-Duttweiler-Institut im Auftrag des Migros-Kulturprozents zum Thema Vielfalt befragt. Die repräsentative Studie «Gemeinsam verschieden?» untersucht Vielfalt entlang verschiedener Merkmale wie zum Beispiel Herkunft, Geschlechtsidentität, Alter, Sprachregionen, Vermögen, Bildung oder politische Orientierung. Es ist die erste umfassende Studie dieser Art in der Schweiz. Ergänzt wird die online durchgeführte Umfrage durch Interviews mit Personen aus unterschiedlichen Gruppen.

Die Studie bildet den Auftakt zur #vielfaltsinitiative des Migros-Kulturprozent. Diese will die Bevölkerung dazu ermutigen, im Alltag neue Impulse oder Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen. Denn der soziale Zusammenhalt braucht Menschen, die sich für ein Miteinander der verschiedenen Bevölkerungsgruppen engagieren. Weitere Informationen unter:

engagement.migros.ch/vielfalt
 

Kleine Gesten für mehr Miteinander

26 Kantone, vier Landessprachen und viele verschiedene Kulturen und Lebensweisen – Vielfalt hat in der Schweiz Tradition. Damit sie auch eine Zukunft hat, brauchen wir Menschen, die sich für ein Miteinander statt nebeneinander einsetzen. Welche kleinen Gesten können das Miteinander im Alltag stärken? Erzähl es uns und gewinne im Rahmen der #vielfaltsinitiative des Migros-Kulturprozents einen von 100 Migros-Gutscheinen im Wert von CHF 100.–

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Die #vielfaltsinitiative – Miteinander statt nebeneinander

Migros-Kulturprozent engagiert sich für Vielfalt im Alltag der in der Schweiz lebenden Bevölkerung