Zwei Stockwerke trennen die Marketingfrau Lara Stalder von der Hockeyspielerin Lara Stalder: Vormittags arbeitet die 29-Jährige im Büro des EV Zug. Um 14 Uhr klappt sie ihren Laptop zu und nimmt die Treppe hinunter zur Garderobe. Zur Frauengarderobe, um genau zu sein. «Das war etwas vom Ersten, das ich in meinem neuen Job einweihen durfte.» Ein eigener Ort, an dem sich das Frauenteam vorbereiten, zurückziehen, zu Hause fühlen kann. Im Schweizer Hockey keine Selbstverständlichkeit. In der Regel sind die Frauen zu Gast in einer öffentlichen Garderobe. Erst wenn die Männer Feierabend haben, beginnt das Training für die Frauen. «Aus Schweden kenne ichs ganz anders», erzählt Stalder.
Sechs Jahre spielte sie als Halbprofi in der skandinavischen Top-Liga. «In Sachen Gleichstellung sind wir in der Schweiz weit hinterher», sagt sie. Ihre Vision: Das zu ändern. «Ich bin ein Mensch, der vieles hinterfragt. Es stört mich, wenn man Dinge einfach macht, weil man sie schon seit 50 Jahren so macht.» Deshalb hat sie das «schwedische Modell» in die Schweiz gebracht: Alle Spielerinnen des EV Zug sind zu 40-Prozent als Eishockey-Profi beim Club angestellt. «Natürlich müssen wir nebenher noch arbeiten, viele sind auch noch in der Ausbildung.» Trotzdem bleibt mehr Zeit für den Sport. Mit dem Engagement in der Heimat geht für die Luzernerin ein Traum in Erfüllung. «Hätte ich diese Möglichkeit nicht gehabt, wäre ich wahrscheinlich noch ein paar Jahre im Ausland geblieben», sagt Stalder.
Ich bin ein Challenge-Mensch, suche die Herausforderung.
Lara Stalder, Eishockey-Spielerin
Pionierinnen brauchen Pausen
Nach zehn Jahren im Ausland - vor Schweden lebte Stalder in den USA - war das Heimkommen «speziell», sagt sie. «Ich fühlte mich wie eine Touristin im eigenen Land, staunte ob der Schönheit der Schweiz und genoss den Sommer.» Gleichzeitig veränderte sich aber auch alles: neue Teamkolleginnen, neuer Job, neue Wohnung. «Nur schon das Umziehen allein war eine ‹Riesenbüez›!», erinnert sie sich. Nach einer «Honeymoon-Phase», wie sie es nennt, wurde die Stürmerin dann auch von der Realität eingeholt. «Mir wurde alles zu viel. Ich brauchte eine Auszeit», erzählt sie. Erst vor kurzem verordnete sie sich eine einwöchige Zwangspause.
Der Vollblutsportlerin fällt es nicht leicht, ihren Ehrgeiz zu zügeln. «Ich bin ein Challenge-Mensch, suche die Herausforderung. Am liebsten möchte ich bei allen Projekten dabei sein und mich beweisen.» Familie und Freunde helfen ihr dabei sich zu erden. Sie verbringt als stolzes Gotti viel Zeit mit ihrer kleinen Nichte und spielt Trompete in der Guggenmusik. «Wenn es etwas zu feiern gibt, stosse ich auch mal an. Der Sport geht vor, aber der Ausgleich darf nicht fehlen.» Lara hat gelernt: Pionierinnenarbeit lässt sich nur mit vollen Batterien leisten.
U18-Eishockey-WM der Frauen
Vom 6. bis 14. Januar 2024 findet in der Bossard-Arena in Zug die U18-Eishockey-Weltmeisterschaft der Frauen statt. Im Frauenhockey ist diese Alterskategorie die erste Gelegenheit, sich international zu messen. Acht Nationalteams der Top Division spielen insgesamt 22 Spiele.
Das Migros-Kulturprozent unterstützt dieses Turnier.
Ein weibliches Vorbild
Den Lohn erhält sie im Stadion. «Ganz viele Mädchen wollen mit mir beim Einmarsch abklatschen, möchten Autogramme. Sie sehen mich als ihr Vorbild. Da merke ich, dass ich wirklich etwas bewirken kann.» Lara selbst stand mit fünf Jahren das erste Mal auf dem Eis. Bis 18 trainierte sie mit den Buben. «Mich hat das Ellböglen stärker gemacht, andere Mädchen hat es aber vielleicht eingeschüchtert und sie haben deswegen aufgehört.»
Die Förderung des weiblichen Nachwuchses liegt der Kapitänin der Schweizer Eishockey-Nati besonders am Herzen. Momentan ist sie mit den Vorbereitungen für die U18-Eishockey-Weltmeisterschaft der Frauen beschäftigt, die im Januar in der Bosshard-Arena in Zug stattfindet (s. Box). «Junge Frauen auf diesem Weg begleiten zu dürfen, ist extrem schön. Ich weiss noch genau, wie aufregend die erste WM für mich war.» Für sie war es der Startschuss ihrer internationalen Karriere. «In Schweden durfte ich schliesslich vor 7500 Zuschauerinnen und Zuschauern spielen. Mein Ziel ist es, dass ich dieses Erlebnis jungen Frauen, die in der Schweiz Hockey spielen, irgendwann auch ermöglichen kann.»
Foto/Bühne: Nik Hunger
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