Header

Krieg am Bildschirm

Text

Anna Miller

Erschienen

04.03.2022

Frau sitzt auf Treppe und betrachtet etwas auf dem Handy

Endloser News-Strom, Kriegsbilder im Minutentakt: Die Digitalisierung hält uns auch in Krisenzeiten auf dem Laufenden. Sie macht uns aber auch ängstlich, überfordert, schlaflos, aggressiv. Wie können wir informiert bleiben, ohne uns verrückt zu machen? 6 Tipps.

Die Menschen in der Ukraine machen Schreckliches durch. Und die Bilder, die uns erreichen, lösen bei uns grosse Betroffenheit aus. Wie gehen wir besser mit den besorgniserregenden Nachrichten um? Autorin und «Digital Wellbeing»-Expertin Anna Miller weiss, wie wir uns trotzdem informieren und engagieren können.
 

1. Nimm deine Angst ernst

Das Wichtigste vorweg: Es nützt dir nichts, wenn du dich für deine Gefühle verurteilst. Anderen geht es im Moment schlechter als dir. Doch auch deine Angst ist real. Sie ist eine reale Konsequenz davon, was du siehst, hörst und erlebst. Das Angstzentrum deines Gehirns ist uralt - und hat sich seit Jahrtausenden nicht gross verändert. Was bedeutet: Siehst du auf einem Screen ein schreckliches Bild oder hörst du furchterregende Geräusche wie Detonationen, glaubt dein Gehirn, du seist unmittelbar bedroht. Danke deinem Körper für deinen Überlebensinstinkt!

2. Achte auf deine Gedanken

Gedanken sind mächtig. Und können dich in einen Strudel der Angst reissen, wenn du ihnen nichts entgegensetzt. Ganz wichtig deshalb: Mache einen Realitätscheck! Schreibe deine Katastrophen-Gedanken auf und überprüfe: Wie wahrscheinlich ist es, dass diese Angst Realität wird? Sprich auch mit Freunden darüber. Achte aber darauf, dass ihr euch nicht gegenseitig in eine Panik hochschaukelt.

3. Überprüfe deinen Handlungsspielraum

Der Autor Stephen R. Covey hat das Konzept des «Kreis des Einflusses» geprägt. Dieser zeigt dir auf, dass es Dinge gibt, die ausserhalb deiner Macht stehen – zum Beispiel das, was Putin in den nächsten Tagen tun wird. Bei dir verursacht das: Ohnmacht und Panik. Lege deshalb den Fokus besser auf deinen ganz direkten Einflussbereich. Das gibt dir Mut, Zuversicht und ein Kontrollgefühl, was wiederum die Psyche beruhigt. Handle innerhalb deines Einflussbereichs – beispielsweise indem du spendest oder herausfindest, mit welchen Hilfsmitteln du Menschen aus der Ukraine direkt unterstützen kannst.

Portrait Anna Miller

Bild: zVg.

Anna Miller

ist Journalistin, Positive Psychologin und Gründerin des Digital Balance Lab. Als Digital Wellbeing Expertin berät sie Private und Unternehmen zu psychischer Gesundheit in digitalen Zeiten. Die 34-Jährige arbeitet ausserdem an ihrem ersten Roman und wird dabei vom Migros-Kulturprozent im Rahmen des Mentorats-Programms «Double» unterstützt.

4. Bringe Ruhe ins System

Kein Wunder, rasen deine Gedanken und kehrt nie Ruhe ein, wenn du dein System immer wieder neu mit News fütterst! Für dein Nervensystem ist es nun deshalb besonders wichtig, das Tempo rauszunehmen und Reize zu reduzieren. Das bedeutet konkret: Schalte dein Handy aus, lade es in der Nacht ausserhalb deines Schlafzimmers. Du brauchst aber die Alarm-Funktion deines Handys? Kaufe dir einen Wecker! Entfolge Menschen in den Sozialen Medien, die dich emotional zu sehr aufwühlen.

5. Bündle Neuigkeiten und Kanäle

Du rennst doch auch nicht wegen jedem Paar schmutziger Socken in die Waschküche, oder? Schaue also lieber einmal am Tag die Nachrichten, statt alle paar Minuten eine Timeline runterzuscrollen. Abonniere Newsletter von Medien, denen du vertraust. Investiere in Bezahlinhalte. Informiere dich auch international. Höre Podcasts, wenn dir die vielen Bilder zu schaffen machen. Kaufe Zeitungen auf Papier, wenn das Online-Gerangel dich nervt. Und: Klicke dich nicht durch Gratis-Portale, die an deiner Angst verdienen.

6. Beruhige dein Nervensystem mit Bewegung

Die vielen Reize und digitalen Impulse setzen in deinem Körper Stresshormone frei. Am besten abbauen kannst du diese, indem du beim Sport ins Schwitzen kommst. Auch gut: Kalte Duschen, tief in den Bauch atmen, langsamer bewegen, den Körper regelmässig dehnen. Und: Immer mal wieder vom Bildschirm aufblicken und im Raum umherschauen. Diese Art von Orientierung im Raum hilft dem Nervensystem, zu realisieren, dass keine Gefahr im Verzug ist. Und es sich wieder beruhigen kann.

 

Weitere Infos, wie Eltern mit ihren Kindern über den Krieg oder verstörende Inhalte im Netz besprechen können, findest du auf Famigros.

Foto/Bühne: Getty Images

Deine Meinung