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Rüdiger Hillmer und Mirjam von Arx

ruedigerhillmer

Foto: Nicolas Duc

Nach dem Studium (Theaterwissenschaft/Romanistik (Frz.) in Berlin und Paris promovierte Rüdiger Hillmer 1997 mit einer Arbeit über die Napoleonische Theaterpolitik. Seit 1995 arbeitet er als freiberuflicher Dramaturg und Lektor für Film und Fernsehen. Er berät Autor*innen, Produktionsfirmen, Redaktionen und Förderinstitutionen vornehmlich in Deutschland und der Schweiz. Seit 2009 ist er als Dozent u. a. für die Master School Drehbuch Berlin tätig und nahm Lehraufträge an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf wahr. Er ist Gründungsmitglied des Verbands für Film- und Fernsehdramaturgie (VeDRA) und war von 2007 bis 2014 dessen Vorstandsvorsitzender. Von 2011 bis 2018 betreute er beim Stoffentwicklungs- und Ausbildungsprogramm Akademie für Kindermedien die Gruppe Film als Mentor. Seither ist die Beratung von Filmen und Serien für Kinder sein Arbeitsschwerpunkt. scriptbureau.de

Mirjam von Arz

Foto: Charlotte Romann

Mirjam von Arx (*1966) spinnt Geschichten, seit sie denken kann. Nach dem Abschluss am Gymnasium St.Gallen und der Ausbildung an der Ringier Journalistenschule arbeitet von Arx fast 20 Jahre als Redaktorin und Freelancerin für diverse deutschsprachige Magazine. 1991 wandert sie nach New York aus, wo sie neue Geschichten und die Filmwelt entdeckt. Nach achteinhalb Jahren in New York und fünf Jahren in London kehrt sie in die Schweiz zurück und gründet dort ihre Produktionsfirma ican films gmbh. Als Autorin, Regisseurin und/oder Produzentin hat sie bis heute diverse Kinodokumentarfilme realisiert, u.a. BUILDING THE GHERKIN (2005) mit Architekt Norman Foster, die Zürcher Filmpreis-Gewinner SIEBEN MULDEN UND EINE LEICHE (2007) und VIRGIN TALES (2012), den autobiographischen Film FREIFALL – EINE LIEBESGESCHICHTE (2014) und THE SCENT OF FEAR (2021) mit Katja Riemann.

Projekt

„Unser Spielfilm-Projekt (Live-action) erzählt von einem neunjährigen Jungen, dessen Interessen und Neigungen von den Gleichaltrigen zunehmend in Zweifel gezogen werden. Im Zentrum des Stoffes stehen Fragen wie die, was es bedeutet, heute ein Junge zu sein, und damit auch Fragen von Akzeptanz und gelingendem Miteinander.
Wir fokussieren uns dabei auf die jüngere Zielgruppe von 5 bis 8 Jahren und holen sie mit diesen für sie relevanten Fragen ab. Zugleich handelt es sich um ein Realfilm-Projekt. Abseits von Marken-Adaptionen entstehen solche Filme für Kinder dieser Altersgruppe derzeit kaum.
Das Double-Mentorat nutzen wir dafür, Figuren und Handlung mit Blick auf unsere Zielgruppe sorgfältig auszuarbeiten. Am Ende des Prozesses soll ein überzeugendes Treatment vorliegen, um damit die Entwicklung des Drehbuchs mit weiteren Partner·innen in Angriff nehmen zu können.“

 

Foto: Aurelin Haslebacher

Foto: Aurélien Haslebacher

Zusammenarbeit in der Residenz La Becque

Abschlussarbeit

«So habe ich mir das nicht vorgestellt!»
Ein Gespräch zwischen Mirjam von Arx (Autorin) und Rüdiger Hillmer (Dramaturg) über den Arbeitsprozess am Kinderfilm-Projekt HENRIX (AT) im Rahmen des Förderprogramms Migros Double.

Rüdiger: Mirjam, dank Migros Double durfte ich dich ein Jahr lang bei der Weiterentwicklung deines Stoffes für einen Kinderfilm dramaturgisch begleiten. Wollen wir in unser Gespräch mit der Frage einsteigen, was deine Erwartungen zu Beginn waren?
Mirjam: Das wäre jetzt nicht besonders originell, oder!?
R: Originalität wird überbewertet.
M: Und ich dachte, ihr hättet mein Projekt ausgewählt, weil es besonders originell war … Was hat dich denn daran fasziniert?
R: Die Rahmenbedingungen für dieses Coaching-Programm waren für mich so, dass es mir richtig erschien, nach schwierigen Fällen zu suchen ...
M (lacht): Bezieht sich das jetzt auf mich oder auf das Projekt?
R (grinst): … nach Projekten zu suchen, die innerhalb der üblichen Fördermöglichkeiten für Stoffentwicklung nicht genügend Zeit hätten, um sie sorgfältig voranzubringen. Und das brachte dein Projekt auf jeden Fall mit. Denn es geht um ein aktuell viel diskutiertes Thema – im weiteren Sinne von Diversität, das du aber für eine sehr junge Zielgruppe erzählst. Und das ist dramaturgisch durchaus eine Herausforderung.
M: Um auf unsere unoriginelle Anfangsfrage zurückzukommen: Ich habe zu Beginn erwartet, dass ich meine Idee ausloten und von einem Exposé zu einem soliden Treatment ausbauen kann. Doch so, wie es dann gelaufen ist, habe ich mir das nicht vorgestellt.
Denn meine Erwartung ist am Ende deutlich übertroffen worden. Die Geschichte selbst hat sich in ganz vielen Aspekten weiterentwickelt: in Bezug auf die Charakterisierung der Figuren, auf die Handlung, auf das, was eher im Subtext miterzählt wird. Sie ist anders geworden und – mir scheint auch – viel besser.
Erst durch unseren intensiven Austausch ist mir richtig bewusst geworden, welches Potenzial für mich in dieser Geschichte steckt. Das war ein extrem spannender Prozess. Ich brenne jetzt mehr als vorher für diesen Stoff und bin noch motivierter, ihn umzusetzen.
R: Wenn du beschreibst, wie viel sich geändert hat, dann steckt darin aber auch immer die Gefahr, dass du dich womöglich vom Kern dessen wegbewegt hast, was du eigentlich erzählen wolltest. Wie schätzt du das im Rückblick ein?
M: Ich sehe es eher so, dass ich den Kern dessen, was ich eigentlich erzählen will, viel bewusster für mich formulieren konnte. Dies vor allem auch dank der beiden Aufenthalte in der Residenz «La Becque», wo wir uns mehrere Tage nur auf diese Arbeit konzentrieren konnten. Da hat sich die Geschichte neu geformt, wir haben sie bis ins Detail dramaturgisch hinterfragt. Dieser Input war für alle Schreibphasen zwischen unseren Gesprächen extrem wichtig ... obwohl wir ja nicht immer einer Meinung waren ....
R (lacht): ... ach, nein!?
M: Natürlich nicht. Wir waren beide ganz schön herausgefordert, alles auch immer wieder infrage zu stellen.
R: Aber dafür sitzen wir hier doch ganz friedlich beisammen. Wie würdest du denn deine Geschichte nun zusammenfassen?
M: Mache ich gern. Obwohl: Das ist wieder kein origineller Abschluss für ein Gespräch. Da fällt mir ein: Was meinst du eigentlich damit, Originalität würde oft überbewertet? Das ist doch nicht etwa dein Ernst?
R: Für eine mittelmäßige Pointe bin ich immer zu haben. Aber gerade das eine Jahr, während dem wir jetzt dank Migros Double zusammenarbeiten durften, ist für mich ein Hinweis darauf, dass nicht allein der originelle Einfall entscheidend ist, sondern der kreative Prozess, gern im Dialog z. B. mit Dramaturg*innen. Und wenn der optimal gestaltet werden kann, ist das eine ideale Voraussetzung dafür, aus einer originellen Idee etwas noch Besseres gestalten zu können.
M (lacht): Das war dann jetzt wohl der Werbeblock für deine Profession. Zurück zu meiner Geschichte. Ich würde sie so zusammenfassen: Henrix ist ein athletischer Neunjähriger mit einer Faszination für Manga, Mode und Meerwesen. Das wird fraglos akzeptiert, bis Benno neu in die Klasse kommt und sie gegen Henrix aufstachelt. Als sich auch seine besten Freunde von ihm abwenden, taucht Henrix in den nahen See ein und gerät in ein turbulentes Unterwasserabenteuer voller Wasserfeen, Meerjungen und fantastischer Gestalten. Von ihnen lernt er nicht nur, Vertrauen ins eigene Leben zu finden, sondern auch ein toleranterer Freund zu werden.
R: Das ist doch schon mal ein Anfang ...
M: Es war ja klar, dass da noch mal Kritik kommt… Mir scheint, unsere Zusammenarbeit ist noch nicht beendet (lacht) ...