2013: Glücksgriffe
2012 gegründet, startet der Migros-Pionierfonds 2013 operativ – wie viele Pionier*innen noch ohne konkreten Umsetzungsplan, aber in unserem Fall mit substanziellen Ressourcen ausgestattet. Und mit dem wertvollsten Gut: dem Vertrauen der Geschäftsleitung der Migros.
Mit einer grossen Portion Leidenschaft, Ambition und Respekt gelingt der Start. Ende des Jahr besteht das Portfolio bereits aus 19 Pionierprojekten, die sich sehen lassen können. Glücklich erweist sich der Griff in die Werkzeugkiste des «Outcome Mappings». Im Dezember 2013 führen wir die Zielmatrix ein, bis heute unser wichtigstes Instrument der wirkungsorientierten Projektsteuerung. Sie stellt sicher, dass unsere Projektpartner*innen und wir dasselbe Ziel verfolgen. Der erste Teil dieses Handbuchs baut darauf auf.
2014: Das Lehrgeld
Rückblickend ist das zweite Jahr des Pionierfonds ein besonders lehrreiches. Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir die Realität eines Pionierprojektes nicht hautnah zu spüren bekommen. Nichts funktioniert wie vorgesehen. In einem Fall misslingt die Zusammenarbeit so gründlich, dass wir nach einer Serie von Workshops vor einem einzigen Scherbenhaufen stehen. In einem anderen bricht ein junges Projektteam unter der Last ambitionierter Ziele auseinander. Ein drittes verliert schnell die Leidenschaft für die Vision und wenig später auch die Kundschaft für das eigene Produkt.
Unsere Lernkurve ist steil. Schrittweise erkennen wir, unter welchen Voraussetzungen ein Plan tragfähig wird. Was noch längst nicht heisst, dass er auch gelingt. Der ganze zweite Teil dieses Handbuchs fasst dieses Lehrgeld zusammen.
2015: Der rote Faden
Im dritten Jahr des Pionierfonds schärfen wir das Profil. Das anspruchsvolle Vorjahr hat uns den Appetit auf Pionierprojekte nicht verdorben. Im Gegenteil. Wenn es schon so viel zu lernen gibt, dann machen wir das Lernen eben zum Prinzip. Unsere Verträge können sich nun dem Projektverlauf an-passen. Unsere Partner*innen verpflichten sich dem Prinzip des «Copy left» und verstehen sich als Modelle, die ihre Erfahrungen weitergeben und sogar kopiert werden dürfen.
Im Dezember 2015 laden wir zu unserer ersten Impulsveranstaltung mit dem Titel «Pionierprojekte, Erfolgsmodelle und geniale Fehler» ein. Zugegeben, das «genial» war nicht besonders mutig. Denn permanentes Lernen fühlt sich oft wie Scheitern an, ist aber im besten Fall erfolgreiches Scheitern. Steht jetzt in Kapitel 3.1.
2016: Nägel mit Köpfen
Im vierten Jahr des Pionierfonds fügen wir die Puzzleteile zusammen. Wir folgen dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung und führen eine Impactmatrix ein, als Grundlage für die inhaltliche Ausrichtung eines Themenschwerpunkts. Sie liefert zum Beispiel Hinweise zu erwünschten Verhaltensänderungen bei zentralen Zielgruppen, aber auch zu externen Einflussfaktoren und Akteuren in einem bestimmten Feld. Auf diesem systemischen Fundament steht der erste Teil dieses Handbuchs.
2016 machen wir Nägel mit Köpfen und lancieren das Pionierlab. Denn wir haben gelernt, dass Pionier*innen neben Finanzierung vor allem inhaltliche Begleitung brauchen, schnell und unkompliziert. Sei es punkto Organisationsentwicklung, Geschäftsmodell, Kundenorientierung, Kommunikation, Finanzen oder sogar Fundraising. Das Pionierlab hat stark zum zweiten Teil dieses Handbuchs beigetragen.
2017: Die Krise und der Gong
Eigentlich läuft jetzt alles sehr gut beim Pionierfonds. Das Scouting brummt, seit wir es in Sprints organisieren und mit jedem Sprint weiterentwickeln. Und das Portfolio der Pionier-projekte ist auf die Zielgrösse von 60 Projekten angewachsen. Sogar ein Kompetenzprofil für unser Team haben wir aufgestellt, um die richtigen Superheld*innen zu finden. Nur die Stimmung im Team wird wöchentlich schlechter. Aus einem Medientraining wird ein Krisengespräch. Unser Coach sagt: Der Fisch muss auf den Tisch. Und da kommt er auch hin. Wir finden gemeinsam heraus, dass Wertschätzung und Respekt vor lauter Effektivität und Effizienz auf der Strecke geblieben sind.
Seither wollen wir nicht immer jedes Problem mit dem Kopf lösen. Wir nehmen uns jede Woche als Team Zeit für das Herz. Wir nennen dieses Ritual unseren «Gong» (wie der Gong, der zur Meditation einlädt). Wir haben sogar einen gekauft: Er erinnert uns daran, wie wichtig die Menschen sind, mit denen man gemeinsam ein Projekt stemmt. Siehe Kapitel 2.1 und 3.2.
2018: Ein Manifest
Die Operation am offenen Herz wirkt nach. Neben dem Scouting und der Begleitung der Pionierprojekte arbeitet das Team an einem Manifest. Entlang der grossen drei Fragen Warum, Wie und Was stellt es auf vier A4-Seiten zusammen, was uns antreibt und wichtig ist. Es hält die Grundsätze fest, die oft einfach vorausgesetzt werden, aber in dieser Unschärfe keine Kraft entwickeln können und zu Missverständnissen führen. Kein anderes Dokument hat uns so oft (auch unerwartet) klare Antworten und Entscheidungshilfen gegeben, wie unser Manifest. Elemente daraus finden sich entsprechend auch über das ganze Handbuch verstreut.
2019: Allianzen
Seit längerem läuft alles wie am Schnürchen. Vielleicht gerade deshalb, weil eigentlich nichts wie am Schnürchen läuft. Wir sind nicht mehr gekränkt, wenn wir uns eingestehen müssen, dass eine Lösung nicht funktioniert; wir sind erleichtert, dass wir es rechtzeitig herausgefunden haben. Der britische Innovationsfonds nesta porträtiert den Pionierfonds in seinem «Foundation Horizon Scan». Zusammen mit Stiftungen aus der ganzen Welt diskutieren wir, wie wir stärkere Allianzen für den systemischen Wandel bilden können und wo unser Einfluss endet. Das Thema begleitet uns seither, siehe Kapitel 3.3 und 3.4.
2020: Impact, jetzt erst recht
In diesem Jahr steht die Welt Kopf. Überleben die Pionierprojekte die Pandemie? Ihre Krisenresistenz wird herausgefordert (siehe Kapitel 3.1). Und auch unser Wirkungsmodell steht auf dem Prüfstand. Im August 2020 fangen wir damit an, es kurz und bündig zu beschreiben. Der Impact Guide entsteht. Er gibt den Impuls für dieses Handbuch und bildet die Grundlage für dessen ersten Teil.
2021: Von 0 auf 100
Wir erreichen einen Meilenstein: Der Pionierfonds bringt das hundertste Projekt an den Start und hat gleichzeitig insgesamt 100 Millionen Franken investiert. Wir wünschen uns zu diesem Jubiläum, dass wir künftig noch mehr Pionier*innen dazu ermutigen können, visionäre Projekte anzupacken. Deshalb gibt es dieses Handbuch. Darin steckt alles, was wir bisher gelernt haben und euch weitergeben möchten.
Das Handbuch für Pionier*innen
Du hast eine besondere Idee. Eine Idee, die uns als Gesellschaft weiterbringt. Dieses Handbuch für Pionier*innen unterstützt dich dabei, diese Idee an den Start zu bringen und das Richtige richtig zu machen. Mit jeder Menge inspirierender Tipps und Tricks und mit konkreten Werkzeugen. Und vor allem mit all den Erfahrungen, die andere Pionier*innen mit ihren Projekten gesammelt haben. In den insgesamt zwölf Kapiteln findest du praktische Tipps, konkrete Rat- und Vorschläge und jede Menge Von-0-auf-100-Momente, die zeigen, wie sich echte Pionierprojekte anfühlen. Es sind diese kleinen Energiebooster, die zeigen, wie du mit deiner Idee den entscheidenden Auftrieb erhalten und Grosses bewirken kannst. Von 0 auf 100!
Das Buch ist am 25. Januar 2022 im Murmann Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich.
Hast du eine besondere Idee? Pack sie an!
Foto/Bühne: Migros-Pionierfonds/2erpack
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