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Mit Plakat auf Partnersuche

Text

Marlies Seifert

Erschienen

11.02.2022

Silvia Triebl in ihrer Küche

Silvia Triebl wünscht sich einen Mann und Kinder. Nachdem Tinder, Partnervermittlung und unzählige Dates nichts gebracht haben, greift sie jetzt zu einem ungewöhnlichen Mittel.

Lachende Gesichter, Hochzeitspaare, Ferienschnappschüsse – die Bilderwand in Silvia Triebls Eineinhalbzimmer-Dachwohnung mitten in Zürich ist eine bunte Sammlung voller schöner Erinnerungen. Viele Kinder- und Babyfotos sind darunter. «Dreimal Gotte und sechsmal Tante bin ich», sagt die 42-Jährige. Nur das eigene Familienglück hat sich bislang nicht eingestellt. Obwohl sich Silvii, wie die gelernte Malerin und Kirchenrestauratorin von ihren Freunden genannt wird, nichts sehnlicher wünscht. Doch langsam wird die Zeit knapp. «Bei meinem letzten Besuch sagte mir meine Frauenärztin, dass ich jetzt wirklich Gas geben muss», erinnert sich Triebl. Geknickt machte sie sich auf den Heimweg. «Als ich an einem Migros-Plakat vorbeilief, hat es Klick gemacht.» Sie hat einen Geistesblitz: «Ich schaute mir das Gemüse auf dem Plakat an und dachte mir: Da müsste ich drauf sein, dann könnten mich alle sehen!» In Windeseile setzt sie alle Hebel in Bewegung und verwirklicht ihre verrückte Idee: Im Januar hängt ihr Plakat für eine Woche an der Theaterstrasse in Zürich, an bester Lage, direkt neben der Oper: «Topf sucht Deckel» steht darauf. «Das Wortspiel passt perfekt, denn ich bin eine leidenschaftliche Köchin», erklärt Silvii. Wie es sich für eine Österreicherin gehört, seien ihre Leibgerichte eher deftig. «Wiener Schnitzel zum Beispiel», sagt sie lachend.

«Ich hatte einfach Pech»

Mehr als 100 Zuschriften hat Triebl bereits erhalten. «Mein Deckel war bislang nicht dabei.» Viele meldeten sich einfach, weil sie ihre Aktion lustig oder mutig fanden. Immer wieder wird sie gefragt, wieso es bislang nicht geklappt habe. Sie sei doch so eine tolle, sympathische Frau! Antwort: «Ich hatte einfach Pech.»

Seit 19 Jahren lebt die gebürtige Österreicherin in Zürich. Vier Beziehungen hatte sie in dieser Zeit. Ihr erster Freund nahm Drogen und wurde gewalttätig, der nächste betrog sie, die dritte Liebe wurde von einer Krankheit überschattet, zerbrach schliesslich. «Ich habe wahnsinnig gelitten», erinnert sich Silvii. Doch sie rappelt sich auf. Findet beim Schreiben eines Kinderbuches Trost. Den Glauben an die Liebe verliert die «hoffnungslose Romantikerin» auch nach unzähligen erfolglosen Dates nicht. Sie engagiert für teures Geld eine Partnervermittlerin – jedoch ohne Erfolg.

Schliesslich lernt sie einen neuen Mann kennen, verliebt sich Hals über Kopf. Die beiden sehen sich eineinhalb Jahre lang regelmässig. «Aber er war nicht bereit für eine Beziehung.» Als sich die beiden ein letztes Mal sehen, wird Silvii schwanger. «Unsere Liebschaft war zwar beendet. Trotzdem freute ich mich riesig, und der Kindsvater hätte mich auch unterstützt.» Doch dann erleidet sie eine Fehlgeburt.

Plakat von Silvia Triebl

Silvia Triebl ist eine leidenschaftliche Köchin, bei der Partnersuche hat sie das richtige Rezept noch nicht gefunden.

Ich will Mama werden. Es kann für mich auch ohne Mann perfekt sein.

Silvia Triebl

«Nach all diesen Erlebnissen bin ich sehr vorsichtig geworden», gibt Triebl zu. Gleichzeitig kommuniziere sie ihren Kinderwunsch bei der Partnersuche nun sehr direkt. «Ich weiss jetzt genau, was ich will.» Für Männer, die sich nicht festlegen wollen, habe sie keine Geduld mehr. «Da bleibe ich lieber allein!», sagt sie bestimmt. Sie sehnt sich nach einer Beziehung, sehr sogar. Möchte heiraten, eine Familie gründen. «Ich wünsche mir einen Partner, mit dem ich lachen, tanzen und den ich verwöhnen kann. Aber es muss schon wirklich passen.»

Bis Jahresende lässt sie sich noch Zeit. «Dann tritt Plan B in Kraft.» Heisst: Silvii setzt ihren Plan auch ohne Partner um. «Ich bin bereits mit einer Samenbank in Kontakt. Wenn es hart auf hart kommt, werde ich alle Optionen prüfen.» In der Schweiz steht die Samenspende Singlefrauen gar nicht offen. Viele alleinstehende Frauen reisen deshalb ins Ausland. Und mit Anfang vierzig und starkem Kinderwunsch, aber ohne Mann in Sicht, steht Silvii nicht allein da: «Mir schreiben viele Frauen, die in einer ähnlichen Situation stecken, und ich habe auch Freundinnen, die sich vorsorglich ihre Eier haben einfrieren lassen.» Dafür ist es bei Silvii zu spät. Trotzdem steht für sie fest: «Ich will Mama werden. Und es kann für mich auch ohne Mann perfekt sein.»

Ein Berater für Plan B

Vorerst hofft Silvii aber noch, irgendwo da draussen ihren Deckel zu finden. Getroffen hat sie bislang nur einen Mann: «Er ist schon älter und kommt eher als Ersatzopa infrage», erzählt Silvii, die ihren eigenen Vater bereits mit 18 verlor. «Aber seine ermutigende Nachricht berührte mich sehr», erzählt Silvii. «Und sollte Plan B in Kraft treten, wäre er ein guter Berater», fügt sie lachend an. Wie das? «Er ist pensionierter Gynäkologe.»

Bilder: Désirée Good

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