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«Ich warte nicht auf bessere Zeiten»

Text

Reinmar Wagner

Erschienen

01.03.2021

Mischa Damev, Intendant der Migros-Kulturprozent-Classics

Grosse Sinfoniekonzerte dürfen im Moment nur online stattfinden. Aber man will bei den Migros-Kulturprozent-Classics sowohl den Künstlern wie dem Publikum eine Live-Bühne bieten. Wie gross diese ist, liegt ausserhalb des Einflussbereichs der Veranstalter. Aber das ist kein Freibrief, die Hände in den Schoss zu legen und auf bessere Zeiten zu warten, findet der Intendant Mischa Damev.

Musik & Theater: Sinfoniekonzerte mit Publikum sind im Moment nicht möglich. Jetzt etablieren die Migros-Kulturprozent-Classics ein coronataugliches Kammermusik-Format.

Mischa Damev: Wir haben schon im ganzen letzten Jahr versucht, jede Tournee, die wir geplant hatten, aufrechtzuerhalten, und das werden wir auch weiterhin so halten. Wenn ausländische Orchester nicht reisen können, suchen wir einen Ersatz im Inland, ein Schweizer Orchester. Dafür brauchen wir die Möglichkeit, 500 Plätze anbieten zu können. Weil auch das aufgrund der Corona-Massnahmen aktuell nicht geht, haben wir uns gesagt, wir bieten unter dem Etikett «Club-Konzerte» eine Reihe mit Kammermusik-Konzerten an.

M&T: Sie könnten auch einfach sagen: Sorry, es liegt nicht in unserer Macht.

Mischa Damev: Die Rolle des Opfers gefällt mir überhaupt nicht. Ich will nicht untätig herumsitzen und jammern. Wir planen in den vier Städten Genf, Bern, Zürich und Luzern, in denen wir auch sonst präsent sind, in kleineren Sälen für 50 Zuhörer*innen Konzerte im coronatauglichen Abstand zu realisieren. Es gibt einen Einheitspreis von 25 Franken.  Die Club-Konzerte sind eine eigenständige Reihe, nicht Ersatz für die Sinfoniekonzerte.

Quartet mit Harfe, Kontrabass, Saxofon und Schlagzeug

Die Rolle des Opfers gefällt mir überhaupt nicht. Ich will nicht untätig herumsitzen und jammern.

Mischa Damev

M&T: Als eigenständige Reihe. Das heisst, Sie könnten sie auch in Zukunft neben den Tourneen der Sinfonieorchester weiterführen?

Mischa Damev: Das würde ich gerne, wenn es das Publikum schätzt. Wir werfen den Ball jetzt mal in die Luft, und schauen, ob er aufgefangen wird. Das Spezielle an den «Club-Konzerten» ist die Verbindung von Klassik und Jazz.

M&T: Das gibt es nicht sehr oft im Schweizer Konzertleben. Passt das zusammen?

Mischa Damev: Ich bin selbst gespannt, wie sich diese Kombination bewährt. Die Musikerinnen unserer ersten Tournee haben jedenfalls untereinander schon Kontakte geknüpft und diskutiert, wo sich Verbindungs-Linien in ihren Programmen ergeben könnten.

M&T: Könnten sich gerade in dieser aussergewöhnlichen Zeit auch neue Impulse für das Kulturleben ergeben?

Mischa Damev: In dieser Krise haben wir die einmalige Chance, oder sogar die historische Verpflichtung, innovativ zu sein. Die Kultur hat noch nie in den letzten 100 Jahren eine solche Krise erlebt. Selbst am Ende des Zweiten Weltkriegs hat man in Berlin noch gespielt, als nebenan die Bomben fielen.

 

Auszug aus dem Interview mit Mischa Damev geführt von Reinmar Wagner für das Magazin Musik & Theater (Ausgabe 3-4.2021)

Die Club-Konzerte sind kurzfristig geplant und starten, sobald es die Lage zulässt. Die genauen Termine findest du hier: club.migros-kulturprozent-classics.ch

Foto/Bühne: Gerald Langer

Migros-Kulturprozent-Classics

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