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Heirat ohne Partner

Text

Jeanette Kuster

Erschienen

07.02.2023

Frau in Hochzeitskleid von hinten

Claudia Marson hat sich vor sieben Jahren selbst geheiratet. Und empfiehlt jedem, es ihr gleichzutun.

«Ich werde dich lieben, achten und ehren, in guten wie auch in schlechten Zeiten.» Was sich das Hochzeitspaar bei einer klassischen Zeremonie gegenseitig verspricht, schwören immer mehr Frauen ihrem eigenen Ich: Sie feiern Sologamie, heiraten also sich selbst.

So zum Beispiel die amerikanische Sängerin Selena Gomez. Zu ihrem dreissigsten Geburtstag letztes Jahr schmiss sie eine Solo-Hochzeitsparty und machte damit weltweit Schlagzeilen. Fernab der Öffentlichkeit hat Claudia Marson aus Wallisellen bereits vor sieben Jahren Selbsthochzeit gefeiert. «Auf die Idee gekommen bin ich durch das Buch «Heirate dich selbst» von Veit Lindau», erzählt die 57-Jährige.

Das Buch widmet sich dem Thema radikale Selbstliebe und im ersten Kapitel geht es um das Konzept, sich selbst zu ehelichen. «Diese Idee ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Also entschied ich mich, das umzusetzen. Ich war Single, also warum nicht?»

Wie jedes Jahr am 6. Januar lud sie also auch 2016 fünf Freundinnen zu sich ein, um gemeinsam den Dreiköniginnentag zu feiern. An jenem Abend aber schmückte sie den Tisch besonders schön und offenbarte ihrem Besuch beim Apéro, dass man heute ihre Hochzeit mit sich selbst feiern werde. Die Reaktion? «Zuerst Schweigen – dann ging das grosse Gekreische los», erinnert sie sich lachend.

Kannst du dir vorstellen, dich selbst zu heiraten?

Grosse Freude nach dem ersten Schreck

Obwohl ihre Freundinnen nach dem ersten Schockmoment positiv reagiert hatten, behielt Marson ihre Selbstehe lange für sich. Nicht weil sie sich dafür schämte, sondern weil es ein intimer Moment gewesen sei. Etwas, das sie nur für sich tun wollte. Auch ihrer Mutter erzählte sie erst viel später davon. Die habe zuerst gar nicht verstanden, wie das gehen soll, sich selbst zu ehelichen.

Als sie ihr die Hochzeitsfotos gezeigt habe, habe sie die Idee aber wunderbar gefunden. «Da dachte ich, dass es eigentlich schön gewesen wäre, wenn meine Mutter und mein Bruder dabei gewesen wären damals. Wie bei einer echten Hochzeit.»

Rückblickend würde Claudia Marson einiges anders machen in Bezug auf ihre Hochzeit. Sich vor allem nicht so in die Sache hineinstürzen. «Damals war das Ganze für mich einfach ein Event», gibt Marson zu. Als PR-Fachfrau mit Event-Erfahrung sei sofort ihr Kopf angesprungen und sie habe im Nu alles durchgeplant. Heute würde sie hingegen mit der Selbstliebe beginnen. «So ein Ehegelübde ist ein starkes Versprechen», sagt sie, «um sich das aufrichtig geben zu können, sollte man sich zuerst voll und ganz akzeptieren, mit all seinen Sonnen- und Schattenseiten.»

Bei ihr habe dieser Prozess der Selbstreflektion erst nach der Hochzeit eingesetzt. Sie habe angefangen, sich intensiver mit sich und ihren Gefühlen auseinanderzusetzen und könne heute voller Überzeugung sagen, dass sie sich bewusster liebe als noch vor zehn Jahren.

Claudia Marson am See

Hat sich selbst geheiratet: Claudia Marson. (Foto: Gaby Vogt)

Echte Hochzeit nicht ausgeschlossen

Tatsächlich wirkt Marson zufrieden und gar nicht wie die frustrierte Single-Frau, die sich aus der Not heraus selbst das Ja-Wort gegeben hat. Auch hat sie den Glauben an eine Partnerschaft keineswegs aufgegeben. «Bloss weil ich mich selbst geheiratet habe, schliesse ich eine klassische Hochzeit nicht aus», betont sie.

Rechtlich wäre das sowieso kein Problem, denn die Sologamie ist  in keinem Land der Welt im Gesetz verankert. Doch was, wenn ein potentieller Partner Mühe damit hätte, eine Frau zu ehelichen, die bereits mit sich selbst liiert ist? Dann wäre er sowieso nicht der Richtige für sie, meint Marson lapidar.

Die 57-Jährige geht sogar so weit, dass sie jedem empfiehlt, sich vor einer klassischen Ehe selbst zu heiraten. «So viele Menschen machen den Partner für ihr persönliches Glück verantwortlich. Man stellt dadurch unglaublich hohe Erwartungen an sein Gegenüber, die diese Person schlicht nicht erfüllen kann,» erklärt Marson, «gelobe ich hingegen zuerst mir selbst Liebe und Fürsorge, nehme ich automatisch den Druck vom Partner weg.»

Kaum ein Thema bei Männern

Während sich manche Frau von dieser Denkweise begeistern lässt, hat das Thema Sologamie bei Männern Seltenheitswert. Prominente Vorbilder gibt es keine, Claudia Marson kennt auch bloss einen Mann, der sich selbst das Ja-Wort gegeben hat – übrigens einer, der zu dem Zeitpunkt bereits mit einer Frau verheiratet war. «Ich hoffe insgeheim, dass es viele mehr gibt und sie sich bloss nicht trauen, es öffentlich zu machen.»

Marson hat ihre Sologamie innerhalb ihres Bekanntenkreises am siebten Jahrestag publik gemacht, indem sie eine Story auf Instagram postete. «Ich fand es irgendwie witzig, dass ich das verflixte siebte Ehejahr mit mir selbst hinter mich gebracht hatte.» Die Reaktionen waren zahlreich, es gab Gratulationen und auch einige Nachrichten von Frauen, die mehr über das Thema wissen wollten.

Motiviert durch solche Feedbacks wird Marson zukünftig Coachings zum Thema Selbstliebe anbieten. Die entsprechende Ausbildung bei Autor Veit Lindau hat sie bereits abgeschlossen. Und gerne möchte sie eines Tages noch einen Schritt weiter gehen. «Ich wäre früher extrem gerne Wedding Plannerin geworden, habe mich aber damals nicht in die Selbständigkeit gewagt.» Vielleicht setze sie diesen Traum doch noch um. Mit klarem Fokus auf Selbsthochzeiten natürlich.

Foto/Bühne: Getty Images

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